Auswaschtechnik Acryl: Äste und Bäume

Acrylfarbe bietet aufgrund ihrer Eigenschaften unzählige Möglichkeiten, Bilder zu gestalten. Wir können lasieren wie in der Aquarellmalerei, mit dem trockenen Pinsel arbeiten, Farbe pastos spachteln, mit verschiedenen Malwerkzeugen arbeiten und Material einbinden. Heute möchte ich Äste und Bäume in Auswaschtechnik vorstellen, mit der es uns gelingt, wunderbar zufällig strukturierte Flächen herzustellen. Lassen Sie sich ein auf das spannende Experiment mit überraschenden Ergebnissen.

(Text und Bilder von Angelika Biber 

Abbildung 1

Vorüberlegungen

Zunächst stellt sich die Frage, welches Leinwandformat sich am besten eignet. Für Äste und Bäume bieten sich extreme Hoch- oder Querformate an, aber auch ein Diptychon mit unterschiedlich großen Leinwänden kann gut funktionieren. Ich beginne mit einer einfachen Vorzeichnung, die nur die Grundform umreißt, alle Feinheiten werden später ohne Vorzeichnung dazu gesetzt. So erreiche ich, dass sich das Bild frei entwickeln kann (Abb. 1).

Abbildung 2

Erster Farbauftrag

Mit groben, schnellen (wichtig!) Pinselstrichen in den Farben Preußischblau, Vandykbraun, lichter Ocker und Laubgrün trage ich die Farbe unterschiedlich dick auf. Dabei verziehen sich die Farben miteinander, und es entstehen vielfältige Mischtöne. Die Pinselstriche nehmen die natürliche Rundung der Äste oder des Stammes auf, die die Plastizität der Form unterstreicht. Um schon jetzt die Licht- und Schattenwirkung zu berücksichtigen, trage ich die hellen Farbtöne vermehrt oben auf, die dunkleren in der unteren Hälfte (bei Querformaten) (Abb. 2).

Abbildung 3

Mit einem Haarpinsel oder Linierer setze ich mit Terracotta weitere Linien auf, außerdem befeuchte ich nur mit Wasser schon gemalte Stellen wieder (Abb. 3). Nun föhne ich die Farbflächen an, dabei achte ich darauf, dass nur stellenweise die Farbe trocknet, und zwar dort, wo der Farbauftrag sehr dünn ist. Es müssen auf jeden Fall einige Pinselspuren feucht bleiben, sonst lässt sich die Farbe nicht mehr auswaschen. Nun ab unter den Wasserhahn oder draußen mit dem Schlauch abspritzen.

Abbildung 4

Bei schon zu sehr angetrockneten Stellen kann eventuell vorsichtig mit dem Schwamm nachgeholfen werden. Schon beim ersten Arbeitsgang entwickeln sich natürlich wirkende Strukturen, die so nie gemalt werden könnten und an Rinde erinnern (Abb. 4). Jetzt das Bild gut durchtrocknen lassen.

Abbildung 5

Falls Sie mit dem Föhn trocknen möchten, können Sie damit Äste herauspusten (Abb. 5).

Abbildung 6

Zweiter Farbauftrag

Hiermit kann der Ast noch plastischer gestaltet werden, auch kann ich Stellen, die zu nass waren und komplett weggewaschen sind, schließen. Mit Lichtem Ocker (oben) und Preußischblau (unten) trage ich wieder spontan breite gebogene Pinselstriche auf, diesmal aber als Lasur, damit die weißen Strukturen geschlossen, aber nicht komplett übermalt werden. So schimmert die untere Schicht durch (Abb. 6). Locker aufgesetzte Pinselstriche sind hierbei wichtig, damit das Motiv seine Leichtigkeit behält. Sie können nun auch mit dem Linierer Äste zeichnen. Nehmen Sie es nicht so genau! Wieder trocknen lassen.

Stimmung, Jahreszeit, Licht- und Schattenwirkung, Baumart

Jetzt kommt der Zeitpunkt, in dem ich die Stimmung des Bildes festlege: Welche Jahreszeit möchte ich zeigen, ist es morgens, mittags oder abends, scheint die Sonne, male ich nur den Ast oder auch die Blätter?

Abbildung 7

Abbildung 8

Abbildung 9

Es gibt unzählige Möglichkeiten. Um dies zu verdeutlichen, habe ich den gemalten Ast auf verschiedene Arten weiterentwickelt (Abb. 7). Hier habe ich mit einem ganz breitem Pinsel Himmelblau hell in den Hintergrund gesetzt, die Äste sind mit dem Linierer aufgetragen. Blätter und Farbspritzer deuten frisches Grün an. Diese Wirkung unterscheidet sich sehr von Beispiel 2 (Abb. 8), dem ich mit einem Hintergrund aus Indischgelb und Goldgelb mehr Sonne verleihen möchte. Auch der Ast bekommt zusätzlich eine gelbe Lasur, um die Sonneneinstrahlung zu verstärken. Die Zweige sind mit dem Föhn heraus gepustet.

Beim dritten Beispiel habe ich mich für einen ruhigen, elfenbeinfarbigen Untergrund entschieden, damit die natürlich wirkenden Strukturen des Astes im Vordergrund stehen. Die Äste wurden mit einem wasserlöslichen Grafitstift gezeichnet (Abb. 9).

Abbildung 10

Es ist ebenfalls möglich, diese Technik auch in abstrakten Bildern einzusetzen. Viel Spaß beim Experimentieren!

Angelika Biber

geb. 1962 in Bergisch Gladbach, sie lebt dort, arbeitet und unterrichtet in Köln im Atelierhaus ART FACTORY, 1981 Fachabitur für Gestaltung, 1982-1987 Studium an der FH Krefeld, Abschluss Dipl. Designerin, bis 2007 Grafikerin in verschiedenen Werbeagenturen, 2007-2008 Weiterbildung zur Kunstpädagogin, Aufnahme der Unterrichtstätigkeit für verschiedene Institutionen, 2008 Eröffnung der Malschule „Atelier Farbräume“, Ausstellungstätigkeit in Deutschland.
www.atelier-farbräume.de

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